DeineTaufe

Auf das lebendige Wasser kommt es an - Andacht von Superintendent Siegfried-Thomas Wisch

„Unser Herz schlägt draußen“ - so lautet ein Werbeslogan einer bekannten Outdoorfirma. Sowie das Wetter und die Zeit es zulassen, begebe ich mit meinem  Kajak auf das Wasser.  Ich genieße das Sanft Getragenwerden, wenn die Wellen eines vorbeifahrenden motorisierten Bootes mein kleines Kajak in Bewegung bringen. Ich spüre, wie die Gedanken sich sortieren, sehe den blauen Eisvogel vor mir hereilen, spüre den beobachtenden Blick des Seeadlers hoch über mir, höre Friedrich Smetanas „Moldau“ im Ohr. Das Eintauchen des Paddels in das Wasser ist längst Routine, gleichmäßig, ruhig, seltsam entspannend. Mein Herz schlägt ruhig.

Eine Fahrt auf dem Wasser eröffnet mir neue Perspektiven. Eine Landschaft, eine Stadt aus der Wasserperspektive, sieht ganz anders aus als z.B. von einer Straße, einem Feldweg. Ich habe Einsichten in Grundstücke, Hinterhöfe, Wiesen oder bin mitten im Wald. Tiere stehen am Rand und stillen ihren Durst, Kinder winken mir, auf einer Brücke stehend, fröhlich zu. Ich bin zwar draußen, bekomme aber manche Einblicke in das Innere der Lebenswelt Menschen.

Schon immer sind Menschen vom Wasser fasziniert, steht das Element doch für Wandlung und Veränderung im Leben. Nichts ist beständig und bleibt. So hat interessanterweise das Wasser keine eigene Gestalt. Z.B. nimmt es stets die Farbe seiner Umwelt an. Es färbt sich vom Boden her. Ist der Grund schlammig, erscheint es grau und dunkel. Am Meer sorgt der helle Strand für klares Wasser und wenn dann der Himmel noch freundlich blau ist, erstrahlt das Wasser in allen Blautönen. Am Horizont wird es durch das gleißende Sonnenlicht silbrig glänzend.

Wasser verwandelt unsere Umwelt. Durch die Kapillaren gelangt das Wasser bis an das letzte Ende einer Pflanze, eines Baumes und läßt alles neu ergrünen. Wie freuen wir uns jedes Frühjahr nach der langen grauen Winterzeit neu daran. Wasser durchflutet unseren Körper. Wir finden es in unserem Blut, wir schwitzen es aus. Es fließt aus unseren Augen bei Kummer und auch Freude. Ja, das Wasser ist die Urkraft des Lebens. Wo es fehlt, erlischt das Leben. Drastisch wird uns das beim Spaziergang durch manche Wälder vor Augen geführt.

Auf das lebendige Wasser kommt es an. Wo Quellen sind, ist Leben. So ist es nicht verwunderlich, dass das Element seine Symbolkraft in vielen Religionen der Welt entfaltet. Reinigung, Vergebung, Leben.
Im Johannesevangelium lesen wir das Wort aus dem Munde Jesu, gesprochen zu der Frau am Brunnen: „Wer von dem Wasser, das ich ihm geben werde, trinken wird, der wird in Ewigkeit nicht dürsten, vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle jenes Wassers werden, das in das ewige Leben mündet.“ (Joh 4, 13.14)

 In diesem Jahr denkt unsrer Kirche wieder einmal neu über das Sakrament der Taufe nach. Neue Wege, neue Perspektiven werden erprobt. Die frohmachende Botschaft als lebendiges Wasser möchten wir neu entdecken lernen. Wir werden dazu unsere Kirchengebäude verlassen, um im Freien, auf, mit, im Wasser etwas von der verwandelnden Kraft zu spüren, zu erleben. Ich freue mich darauf! Bin neugierig! Ich grüße Sie herzlich mit dem Ruf der Paddler: Ahoi!

Tauffeste im Kirchenkreis

 

 

 

Ich bin getauft - persönliche Geschichten

 

 

 

 

Ich bin getauft! Was bedeutet das für mein Leben?

Meine Taufe – für uns Christen stellt sie uns als ganzen Menschen auf den sicheren Grund des Glaubens. Wir vertrauen darauf, dass Gott uns kennt und liebt und grundsätzlich Gutes will für unser Leben. Am 18. Juni wird das in Brandenburg an der Havel mit einem großen Fest am Wasser gefeiert! Die Hoffnung ist, dass Menschen kommen und mit feiern – dass sie getauft werden, direkt am Ufer unter freiem Himmel, oder sogar im Wasser – eintauchen als Mensch, auftauchen als neuer Mensch! Und dass alle, die schon getauft sind, sich gemeinsam mit allen anderen an ihre eigene Taufe erinnern. Ein großes Fest der Taufe und der Tauferinnerung.

Uta Stiller hat Menschen aus der St. Gotthardt- und St. Katharinenkirchengemeinde Brandenburg (Havel) gefragt, was ihr Getauftsein für sie bedeutet. Auch in Gesprächskreisen befasste sich mit diesem Thema. Taufe als Anker, der mir Halt gibt für mein Leben – ist das so? Wie erleben wir das? Wie können wir anderen so davon erzählen, dass auch sie sich für diesen Weg entscheiden? „Ist jemand in Christus, so ist er neu geschaffen; was alt ist, ist vergangen, Neues ist geworden!“ (2. Korinther 5,17).

Elisabeth Wachsmuth

„Ich bin in Genthin getauft worden. Damals liefen wir Kinder immer einfach so mit. Es ging nie um uns, wir waren nicht wichtig. Aber einmal im Jahr wurde Taufe gefeiert in unserer Kirche, und an diesem Tag waren wir wichtig! An meine eigene Taufe erinnere ich mich nicht, weil ich ja ein Baby war. Aber später hat es mein Herz mehr als alles andere berührt, dass wir größeren Kinder Wasser in Krügen holen durften – bloß nichts verschütten! – und Blumen sammeln und auf den Taufstein legen. Und dann durften wir vorne sitzen und sahen die Babys, die Festlichkeit, hörten die wunderbare Musik. Und die Gefühle in den Gesichtern der Großen. In meinem ganzen Leben ist das Gefühl, dass ich wichtig bin, mit diesen Bildern in meiner Erinnerung verbunden. Auch ich wurde so getauft! Ich habe ein Ziel, ein Lebensziel. Ich weiß, wohin ich komme. Ich weiß, auch wenn es sich nicht immer so anfühlt: Ich bin wichtig!“

  • Elisabeth Wachsmuth (101) erzählt vor ihrer Taufe vor einem Jahrhundert.

Jana Fries

„Auf diesem Foto halte ich meine Tochter Edda im Arm. Sie trägt das Taufkleid meiner Familie, in dem seit meiner Urgroßmutter wahrscheinlich 13 Menschen aus fünf Generationen zur Taufe getragen wurden. Ich selbst habe ein neu gekauftes Taufkleid getragen, da das Familientaufkleid meiner Zwillingsschwester besser passte. Dass ich getauft bin, stellt mein ganzes Leben in einen Zusammenhang von Sinn. Ich darf so sein wie ich bin. Ich bin eher introvertiert, aber ich weiß tief in meinem Herzen: Die Menschen, die für mich wichtig sind, die finden mich trotzdem. Ganz nach meinem Konfirmationsspruch aus dem Buch der Sprüche: „Ich liebe, die mich lieben, und die mich suchen, finden mich“ (Spr. 8,17). Das erlebe ich auch so. Als Getaufte haben Menschen ein anderes Bewusstsein, glaube ich. Ich bin mit Menschen überall auf der Welt und auch in anderen, früheren Zeiten verbunden, die auch getauft sind. Wir sind im Glauben verwurzelt, das gibt mir Halt. Ich wünsche mir, dass viel mehr Menschen das erleben dürfen – ich bin sicher, dann gäbe es unter uns mehr Zuversicht, der Ton wäre weniger rau, es gäbe mehr Wohlwollen untereinander. Ich sehe das als eine freiwillige Vielfalt im Glauben. So versuche ich es auch meinen Kindern mitzugeben.  Zu erleben, wie die Gemeinde bei einer Taufe laut versichert: ,Wir werden als Gemeinde immer zu dir stehen!‘ – das berührt mich tief!“

  • Jana Fries (32) mit ihrer Tochter Edda erzählt wie ihr ihre Taufe Halt gibt.

Bärbel, Anneliese, Franziska, Jonas, Helga…

Wir haben im Gesprächskreis laut unsere Vornamen gesagt. Und aufgeschrieben und einander erzählt, was unsere Taufe uns bedeutet: „Wie mein Ehemann vor seinem Tod doch noch einmal die kleine Kirche wiedersehen konnte, in der er damals getauft worden war, und wie ihm das Frieden gegeben hat, er war selig!“ „Ich habe nie gestohlen, aber einmal doch: Nach dem Tod meiner Oma, als alle die Wohnung auflösten, sich um das Bettzeug stritten. Da fand ich in einer Schublade einen Engel auf Papier. Er war so schön, dass ich ihn mitnehmen musste. An ihn denke ich, wenn ich an meine Taufe denke.“ „Meine Eltern wurden beide Pfarrer; sie haben mich taufen lassen, und auch ich möchte Pfarrer werden.“ „Ich weiß nicht, wann ich getauft wurde, denn es ist nicht mal klar, in welchem Jahr ich geboren wurde. Alles ging auf der Flucht verloren. Aber ich weiß in meinem Herzen: Ich bin getauft! Das gibt mir Sicherheit.“ „Ich hatte keinen Taufspruch damals. Aber einen Konfirmationsspruch, und der hat sich für mich mit meinem Lebensgefühl als Getaufte verbunden: ,Der Herr ist mein Hirte!‘ Das weiß ich einfach. Das kann ich nicht erklären.“

 

 

 

Zwischen Himmel und Erde – miteinander verbunden

  • Tauffenster aus der Heilig-Geist-Kirche
    in Werder (Havel)
    Foto: Detlev Baars
  • Tauffenster aus der Heilig-Geist-Kirche
    in Werder (Havel)
    Foto: Detlev Baars

Pröpstin Dr. Christina-Maria Bammel über die Bedeutung der Patenschaft

Mit den Füßen im Jordan. So zeigt es ein Fenster in der Heilig-Geist-Kirche in Werder. Mit den Füßen im Jordan stand ich auch schon mal und war überrascht, so schmal der Jordan und wie grün und auch etwas sumpfig das Wasser dort im Heiligen Land. Der Überlieferung nach standen keine Paten um Jesus. Nur der Himmel war Zeuge, eine Stimme war zu hören und die Geistkraft sanft gegenwärtig wie eine Taube. Heute trifft man dort Christen von überall am Flussufer. Sie singen und beten, lesen sich gegenseitig vor, wie Johannes Jesus am Jordan taufte. Sie taufen selbst, tauchen begeistert unter und wieder auf – hier und da mit Paten. Mit feuchten Füßen dort stehend dachte ich an meine Taufe: Als Baby im Kreis meiner Familie, liebevoll von Paten über das winzige Taufbecken gehalten. Was hat das gemeinsam mit dem, was nach der Überlieferung zwischen Himmel und Erde hier am Jordan mit Jesus und Johannes geschehen war? Vor allem: Was bedeutet es mir persönlich getauft und so begleitet gewesen zu sein? Das etwas blass gewordene Familienfoto erzählt: Mit dem Tauftag hatte sich meine Familie erweitert. Zwei Patinnen auf dem Foto zeugen davon. Kurz nach meiner Taufe starb allerdings eine der beiden. Ihre enge Freundin „erbte“ schließlich die Patenschaft, mit Leidenschaft, Einsatz und Zeit, obwohl es in keinem der Kirchenbücher um- oder eingetragen war. Das Entscheidende geschah im Herzen. Meine „Ersatz“-Patin hat mal gesagt: „Für mein Patenkind zu sorgen, hat mir die Trauer erleichtert. Ich konnte etwas Gutes tun für die zu früh gegangene Freundin.“ Und ich fühle, das ist besonders. Die zweite Patin war auf andere Weise wichtig. Ich sehe sie auf den Fotos zu meiner Einschulung, Konfirmation und Trauung. Jedem Täufling wünsche ich neben der elterlichen Liebe Menschen, die achtsam das Laufenlernen in den Dingen des Lebens begleiten, vielleicht auch mal für jeden Spaß zu haben sind und ein offenes Ohr haben, wenn Sorgen, Fragen, Zweifel oder Kummer anstehen. Als Pfarrerin sage ich den Paten, wie wichtig sie für den Täufling sind. Wie relevant ihre Aufgabe ist, gegenüber diesem kleinen Menschen Rede und Antwort zu stehen: darüber, was ihnen Gebet, Glaube, Liebe, Hoffnung bedeuten, woran sie ihr Herz hängen, welche Fragen sie an Gott, an ihr Leben – das irdische und das ewige – haben und wie sie mit den Narben des Lebens umgehen. Die gemeinsame Zeit für solche Fragen zu haben, ist manchmal schwerer als ein Geburtstagsgeschenk zu finden. Zeit für gemeinsames Lachen und Weinen, wenn es dran ist. Ich kenne Paten, die laden ihre Patenkinder einmal im Jahr ein zum großen bunten Sommertreffen. Andere nehmen ihr Patenamt so ernst, dass sie aus weiter Ferne Briefe schreiben, liebevoll und aufmerksam. Ein Schatz über die Jahre. Eine Patenschaft in den Lebens- und Glaubensfragen ist nicht selbstverständlich, aber kostbar, wenn es sich gibt. Gleichzeitig bereichert es die Paten selbst auf ihrem Lebensweg, so mit der nächsten Generation verbunden zu sein, wo die Zahl der Single-Haushalte zunimmt und Vereinsamung droht. In der Kirche sagen wir, dass das Patenamt ein kirchliches Ehrenamt ist. Ist partout kein Pate da, der mit der evangelischen Kirche verbunden ist, auch niemand, der oder die in der Kirchengemeinde liebevoll in diese Aufgabe einsteigen könnte, so ist die Taufe eines Kindes keineswegs ausgeschlossen. Das Patenamt bildet keine notwenige Bedingung für die Taufe. Und doch zeigt unsere Erfahrung: Es braucht mehr als einen Paten oder mehrere Paten aus anderen Konfessionen der reichen ökumenischen Familie, es braucht eine ganze Kirchengemeinde, wenn ein Kind in Liebe, Glaube und Hoffnung, christusverbunden und gottvertrauend wachsen möchte. Die ganze Gemeinde ist gefragt mit Blick auf unsere Kinder.
Eltern, die ihr Kind durch die Taufe bewusst in die Liebe Gottes hinein taufen und ihren Sohn,
ihre Tochter hineinstellen in Nachfolge des Kindes von Betlehem, des Auferstandenen und
Weltenretters, die können sich fragen: Erhoffen wir uns mit der Patenwahl eine Familienerweiterung und Vernetzung um unseres
Kindes willen? Geht es uns um inspirierende und verlässliche Lebensbegleitung im Glauben,
die wir Eltern selbst nicht erlebt und in der Weise auch nicht geben können?
Helfen uns dabei engere Kontakte zur Gemeinde?
Alles hat seinen Raum. Die Täuflinge stehen im Mittelpunkt. Bei Gott sowieso. Sie erinnern
uns immer daran, dass, wo auch immer wir mit den Füßen im Fluss (des Lebens) stehen, wir
sind auf geheimnisvoll-rettende Weise verwandt mit dem, der selbst im Fluss stand: Jesus
Christus.

Ein Dank an Pfarrerin Linda Jünger aus Werder für die Bereitstellung des Beitrags.