und schweb' in hohem Mut,
und denk: es ist ein lieber Gott,
er meint's mit Menschen gut!
D'rum will ich immer dankbar sein
und mich der Güte Gottes freu'n!“
Inzwischen ist der gebürtige Wuppertaler Helmut Theo Herbert einer von ihnen. Als er nach längerer Berlin-Brandenburg-Pendelei vor 5 Jahren mit seiner Frau Alexandra entschied, aus Berlin raus in ein 70 Einwohnende zählendes Dorf in Potsdam-Mittelmark zu ziehen, konnte selbst er nicht ahnen, wie positiv sich alles entwickeln wird.
Helmut Theo Herbert nahm vor fast 20 Jahren ein interessantes berufliches Angebot in der Hauptstadt an und zog mit seinen Kindern in die Metropole Berlin. Hier begegnete er seiner jetzigen Frau Alexandra auf einer Messe am Buffet. Sie war als Gründungscoach vor Ort und Helmut Theo Herbert am Überlegen, wie ihn seine Neigung zur Mediation in die Selbständigkeit führen kann. Aus der Selbständigkeit wurde nichts, aber Alexandra und er wurden ein Paar und heirateten 2011: Eine richtige Ost-West Beziehung mit Patchworkfamilie. Alexandra war es, die Helmut Theo Herbert erstmals mit nach Lühsdorf auf den Vierseithof ihrer Eltern nahm und ins Dorf einführte. In jeder freien Minute fuhren sie raus aufs Land und machten Urlaub vom Stadtleben. Sie besuchten die Dorffeste, lernten die Leute kennen und schätzen. Schließlich folgte die einzig richtige und logische Konsequenz: Gemeinsam zogen sie dauerhaft nach Lühsdorf.
Die Frage der Dorfbewohner:innen an den „Neuen“, „was machst Du eigentlich sonst so? Wir sehen Dich hier immer am Wochenende gemütlich Bier trinken und Grillen“, markierte einen Wendepunkt. Die Erkenntnis, einen Betriebswirt und Verwaltungsleiter, der im politischen Büro der EKD in Berlin beschäftigt war, im Ort zu haben, veränderte schlagartig die Situation. Für das Dorf stand fest: ‚Jungs, wir haben einen, der unsere Dorfkirche saniert‘! Die Probleme und was zu tun war, waren allen bewusst. Es brauchte einen der sagt ‚Ich mach‘ und Helmut Theo Herbert hat JA gesagt.
Tatkräftig machte er sich an die Arbeit. Die Sanierung an der neogotischen Saalkirche wurde nötig, weil 1901 bei der Berechnung der Statik ein Fehler passiert ist. Anstelle von drei benötigten Trägerbalken wurde nur einer eingesetzt. Die Last des Daches drückte auf die Außenmauern und verursachte erhebliche Schäden am Mauerwerk und den Wandmalereien. Es galt Fördermittel in Höhe von 227.000 € an Land zu ziehen. Das hieß Klinkenputzen bei den Fördertöpfen der EU, Stiftung Kirchbau, beim Kirchenkreis… Es war ein Glücksfall, dass Andrea Molkenthin, Beauftragte für Bau des Evangelischen Kirchenkreises Mittelmark-Brandenburg, genau zu diesem Zeitpunkt startete. „Sie weiß, wie es auf dem Bau zugeht und hat Sachverstand“, lobt Helmut Theo Herbert die Zusammenarbeit, die sehr befruchtend war. Die benötigten 227.000€ kamen zusammen und 2022 wurde die Sanierung abgeschlossen. Die Wandmalerei soll in einem nächsten Projekt mit Unterstützung weiterer Fördermittel erfolgen. 11.000 € Eigenmittel als Spende innerhalb von acht Monaten sind bereits gesammelt. „Unglaublich für so einen kleinen Ort, aber es funktionierte“, bekräftigt Helmut Theo Herbert mit strahlenden Augen.
Nach erfolgreicher Renovierung der Dorfkirche hat er die Feuertaufe bestanden. Für viele im Dorf stand fest: ‚Der Theo kann eigentlich auch Ortsvorsteher‘. 2019 wurde er offiziell gewählt und vertritt die Interessen von Lühsdorf auf kommunaler Ebene. Bescheiden, fast zurückhaltend erzählt er, wie mit diesem Amt der Einstieg in die Dorfbewegung in sein Leben kam. Netzwerken, schauen, wie es andere machen, verbinden, weiterdenken, über den Ort hinaus, auf Landesebene, im kirchlichen wie im kommunalen Leben. Für ihn verzahnt sich beides. In einem Ort wie Lühsdorf, in dem von den 70 Einwohnenden auch 40 Mitglied der Evangelischen Kirche sind, liegt das nahe. Er ist Ortsvorsteher und Mitglied im Gemeindekirchenrat, ist Mitglied des Kreiskirchenrates, Landessynodaler, arbeitet im Ausschuss für Gemeinde und Diakonie und sieht sich als „Kümmerer“ für die ländlichen Räume. In all seinem Tun ist ihm aber eines wichtig: Die Stärkung der Demokratie.
„Ich bin nicht parteipolitisch engagiert, aber Demokratie ist ein hohes Gut, das es zu schützen gilt. Politisch groß geworden bin ich mit Willy Brandt. Ein großartiges Vorbild für Demokratie, wie ich finde. ‚Mehr Demokratie wagen‘, ‚Berufsbildungsgesetz‘. ‚Arbeiterkinder auf die Uni‘. Das fand ich alles super. Ich habe geglaubt, das wird immer so weiter gehen, aber dass jetzt wieder Rechtsextreme Themen besetzen und man anfangen muss, Demokratie zu verteidigen, hätte ich nicht für möglich gehalten“.
Mit der Idee der verstärkten Ökonomisierung und Rationalisierung, die aus der Industrialisierung hervortrat, wurde seiner Ansicht nach Raubbau im ländlichen Bereich betrieben. Sparen, Sparen, Sparen beherrschte in den letzten 50 bis 60 Jahren das politische Handeln. „Da muss man sich nicht wundern, dass dadurch die politisch denkenden Menschen in den Dörfern weniger wurden und Gemeindeleben am sterben ist“. Die Sparmaßnahmen wurden vielfach auf den Schultern der Dorfbewohner ausgetragen. Politisch wird gegengesteuert. Die „Dorfbewegung Brandenburg – Netzwerk Lebendige Dörfer e.V.“ hat ein „Parlament der Dörfer“ für Brandenburg durchgeführt, welches vom Land Brandenburg als Gesprächspartner auf Augenhöhe akzeptiert wird.
Veränderungen gibt es in der Kirche gleichermaßen. Helmut Theo Herberts anfängliche Skepsis zum Kirchengemeindestrukturgesetz (KGSG) basierte auf derselben Sorge: Ländliche Räume könnten durch die anstehenden Sparmaßnahmen geschwächt werden. Als die Landessynode das Mindestmitgliederzahlengesetzt verabschiedete, das mindestens 300 Kirchenmitgliedern für eine Kirchengemeinde vorsieht, stieg seine Skepsis. Was jedoch passierte, überraschte ihn selbst: Durch die konkrete Arbeit hat er auf einmal viele interessante Menschen aus anderen Kirchengemeinden kennengelernt, zu denen er ohne diese Reform vermutlich nie Kontakt bekommen hätte. Er betont, „Aus dieser Reform ergeben sich ganz andere Möglichkeiten, die sich sonst nicht ergeben hätten. Es ist ein über den Tellerrand hinauskommen und trotzdem können wir noch unser eigenes Gemeindeleben gestalten“.
Auf die Frage, wie er sein Christ Sein, Demokratie, Kirche und sein gesamtes Engagement in Beziehung zueinander stellt, antwortet er: „Die Kirche ist zunächst mal basisdemokratisch aufgebaut. Hier ist eine ganz, ganz dicke Verbindung. Das macht es manchmal sehr kompliziert und umständlich, aber Demokratie ist eben halt von unten nach oben. Martin Luther hat das damalige System auf den Kopf gestellt und weise reformiert“. Aber auch die Bergpredigt ist ihm ein wichtiger Begleiter und Inspirator. Christsein bedeutet für ihn, nicht nur still im Kämmerlein zu beten, sondern offen nach außen zu treten. Christ Sein soll und darf sichtbar sein. Das ist ihm wichtig.
Helmut Theo Herbert blickt auf die letzten Jahre zurück. Berufliche Neuorientierung. Umzug nach Berlin. Verwaltungsleiter im politischen Büro der EKD. Die Liebe zu Alexandra. Das Dorf. Die Kirchensanierung. Der Weg war nicht immer klar. Jede Veränderung war ein Wagnis in ein unbekanntes Land mit unbekanntem Ausgang. Als Vater, Ehemann, Christ, Verwaltungsleiter, Ortsvorsteher, Synodaler, Lektor, Kümmerer, Gestalter und Netzwerker hat er wertvolle Erfahrungen gesammelt.
„Jetzt“, sagt er, „ist all mein Engagement sinnvoll, wird gebraucht und es kommt unglaublich viel zurück“. Und er freut sich auf die nächsten Jahre.