Der „Altar der Versöhnung“ vor der Heilig-Geist-Kirche

Foto: Linda Jünger

Wenn wir in Werder den Inselfriedhof betreten und auf das Kirchenportal zugehen, fällt unser Blick links auf einen gemauerten Block aus gelben Ziegelsteinen, der sich schräg aus der Erde erhebt. Treten wir doch näher und schauen ihn uns genauer an.

Obenauf liegt rechts eine Bronzeplatte mit einer Inschrift, einem Gebet mit der wiederkehrenden Bitte: „Vater vergib“. Die Überschrift gibt uns einen Hinweis auf die Herkunft dieser Zeilen: „Das Versöhnungsgebet der Kathedrale von Coventry“, und das daneben liegende Kreuz, zusammengefügt aus drei geschmiedeten großen Nägeln, ist dem Nagelkreuz von Coventry nachempfunden. 

Die Geschichte dazu führt uns 84 Jahre zurück. Am 14. November 1940 wurde die Kathedrale bei einem Bombenangriff der deutschen Luftwaffe fast vollständig zerstört. Nur der Kirchturm und die äußeren Wände blieben erhalten. Aus drei Zimmermannsnägeln - geborgen aus den Trümmern des Dachstuhls der zerstörten Kathedrale – wurde ein Kreuz zusammengesetzt und der damalige Domprobst, Richard Howard, ließ die Worte „Father Forgive“ (Vater vergib) in die Chorwand der Ruine meißeln. Daraus entstand nach dem Zweiten Weltkrieg ein christliches Symbol für Vergebung und Versöhnung.

Die Idee, dieser wichtigen Botschaft auch in unserer Stadt eine sichtbare Stätte zu geben, hatte der Werderaner Bruno Krause. Mit Hilfe von Sponsoren wurde das Projekt möglich. Schmiedemeister Hermann Boremsky aus Glindow schuf in achtzehneinhalb Stunden auf seiner Feldschmiede das Nagelkreuz; sein Göhlsdorfer Kollegen Willi Prinz lieferte das Material dafür. Die Bronzeplatte entstand in der Kunstgießerei Lauchhammer.

Am Weltfriedenstag im Jahre 2001 wurde der „Altar der Versöhnung“ mit einer Andacht feierlich eingeweiht. Der erst kürzlich verstorbene Pfarrer Riebicke erinnerte in seiner Predigt an den 1. September 1939, von dem an großes Leid über Millionen Menschen hereinbrach.

Lesen wir aufmerksam einige Zeilen aus dem Versöhnungsgebet. Es wurde 1959 formuliert und wird seitdem an jeden Freitagmittag im Chorraum der Ruine in Coventry und in vielen Nagelkreuzzentren der Welt gebetet: „Den Hass, der Rasse von Rasse trennt, Volk von Volk, Klasse von Klasse, Vater vergib. Das Streben der Menschen und Völker zu besitzen, was nicht ihr Eigen ist, Vater, vergib. Unsere mangelnde Teilnahme an der Not der Gefangenen, Heimatlosen und Flüchtlinge, Vater, vergib“. 

Der Block mit dem Nagelkreuz und dem Gebet mahnt seine Betrachterin und seinen Betrachter, selbst als Person für Frieden und Verständigung einzutreten.

Karin Watzke vom Förderkreis Kulturgut Friedhöfe beim Heimatverein Werder (H.) e.V.

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